Europäische Instrumentalistinnen
des 18. und 19. Jahrhunderts

 

Wilhelmine von Bayreuth, Friederike Sophie Wilhelmine, Prinzessin von Preußen

* 3. Juli 1709 in Berlin, † 14. Okt. 1758 in Bayreuth, Cembalistin, Lautenistin, Violinistin, Sängerin und Komponistin. Friederike Sophie Wilhelmine von Preußen war das älteste Kind des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. von Preußen (1688−1740) und der Königin Sophia Dorothea (1687−1757). Ihre jüngere Schwester war Anna Amalia, Prinzessin von Preußen, und mit dem zwei Jahre jüngeren Bruder Friedrich, dem späteren König Friedrich II. von Preußen (1712−1786), verband sie zeitlebens eine enge, stark durch die Liebe zur Musik geprägte Beziehung.

 

 

Den Briefen der Königin Sophie Dorothea ist zu entnehmen, dass die Prinzessin bereits im Alter von sechs Jahren im Schloss Monbijou auf dem Cembalo konzertierte. Ab ihrem elften Lebensjahr wurde Prinzessin Wilhelmine von ihrer zweiten Gouvernante, Dorothea Henriette Luise Freiin v. Wittenhorst-Sonsfeld, regelmäßig in Musik unterwiesen. 1728 wurde sie gemeinsam mit dem Thronfolger auf der Laute vom Lautenisten und Komponisten Silvius Leopold Weiss (1686−1750) unterrichtet, im selben Jahr erhielt sie Unterricht vom Lautenmeister Feldern. Ihre musikalische Ausbildung auf diesem Instrument fiel damit vermutlich intensiver aus als die ihrer Schwester Anna Amalia. Regelmäßig trat sie bei den Konzerten der Mutter auf. 1728 begleitete sie die beiden Geiger Pietro Locatelli und Johann Gottlieb Graun bei ihrem Zusammentreffen auf dem Cembalo. Der Musiktheoretiker, Komponist und Organist Andreas Sorge erlebte 1733/34 Wilhelmine beim Generalbassspielen. In einer ihr gewidmeten Schrift lobt er einige Jahre später ihre „gantz ausnehmende Fertigkeit“ (zit. nach Hegen 2002, S. 35).

Am 20. Nov. 1731 heiratete Wilhelmine den Markgrafen Friedrich von Brandenburg-Kulmbach-Bayreuth (1711−1763). Ihr Ehemann teilte ihre musikalischen Interessen und spielte, wie ihr Bruder Friedrich, Flöte. Bereits kurz nach ihrer Ankunft in Bayreuth, im Herbst 1732, verpflichtete Wilhelmine von Bayreuth die Hofkapell-Instrumentalisten Bayreuths, mit ihr Kammermusik zu machen, und schaffte 1733 beispielsweise zwei Waldhörner an, damit ihre Laute angemessener begleitet werden konnte als durch die vorher verwendeten Bässe. 1732 engagierte sie den Lautenisten Adam Falckenhagen, einen Schüler von Silvius Leopold Weiss, als Kammermusiker am Hofe und als ihren Lautenlehrer. Ihr Bruder schickte ihr Cembalokompositionen von Graun, Konzerte von Quantz und Schaffrath sowie eigene Kompositionen.

 

 

Am 30. Aug. 1732 brachte sie ihre einzige Tochter Elisabeth Friederike Sophie († 1780) zur Welt. Anschießend begann Wilhelmine wieder auf der Laute zu üben, um ihren Bruder auf der Flöte gegebenenfalls begleiten zu können, und kommentierte dies in einem Brief an ihn wie folgt: „Ich fange wieder an, meine Finger in Übung zu bringen, um der Prinzessin Flöte den Kleidsaum zu küssen. Der Prinz Dickbauch [damit ist die Laute gemeint] dreht sich um sie, wie die Erde um die Sonne; er stößt so schmachtende Seufzer aus, daß es erbarmenswürdig anzuhören ist“ (zit. nach Volz 1924, S.113). Auch das Musizieren mit ihr fremden Musikern scheute Wilhelmine nicht: So begleitete sie bei einem Besuch in Pommersfelden im Herbst 1735 den Grafen Schönborn, der Violoncello spielte.

Von 1734 an nahm Wilhelmine Unterricht in Komposition, Tonsatz und Generalbass beim Hofkapellmeister Johann Pfeiffer (1697−1761). Im Jahr darauf begann sie Violine zu spielen. Selbstironisch kommentiert sie dies in einem Brief an ihren Bruder Friedrich am 15. Febr. 1735: „Auch ich sitze bis über die Ohren in der Musik. Seit acht Tagen lerne ich Violine spielen und extemporiere schon. Die Marwitz spielt die zweite Violine, und die Grumbkow lernt die Baßgeige, die Base des Cello des Herrn von Brandt [sic] [Christoph Wilhelm von Brandt war damals Kammerherr Wilhelmines]. Es ist der reine Hexensabbath! Wir machen unsere Sache bereits so gut, daß alles entflieht, wenn wir unser Konzert beginnen“ (zit. nach Volz 1924, S. 276).

Im Gesang ließ sich Wilhelmine 1734 kurzfristig von Franz Benda (1709−1786) und von 1737-38 von dem Opernsänger Guiseppe Antonio Paganelli (um 1700−1760) unterrichten. Sie glaubte, darin bessere Fortschritte machen zu können. So schrieb sie in einem Brief an ihren Bruder Friedrich Mitte März 1737: „Wir haben seit ein paar Tagen den Signor Paganelli nebst Frau. […] Seine Stimme ist nicht schön, aber seine Methode reizend und seine Komposition höchst geschmackvoll. […] Ich nehme Gesangstunden bei ihm; er versprach mir, meine Stimme würde binnen vier Monaten in Ordnung sein“ (zit. nach Volz 1924, S. 352f.). Wilhelmine beschäftigte sich häufiger mit der Komposition eigener Werke und versuchte sich beispielsweise auch an der Fuge. Es sind aber nur wenige Kompositionen Wilhelmines erhalten geblieben: eine Sonate für Flöte und Generalbass in a-Moll (vor 1731), die vermutlich erst am 31. Okt. 1993 unter der Leitung von Susanne Vill und Walter Opp in Erlangen uraufgeführte Oper Argenore von 1740 sowie die Vokalkompositionen O sol che venero und Ah chiaro splendi intorno für die Festa teatrale L’Uomo (1754). Dass Wilhelmine von Bayreuth die Komponistin eines Cembalokonzertes in g-Moll gewesen sei, hat Sabine Henze-Döring 2009 widerlegt.

Auch in späteren Jahren vertrieb sich Wilhelmine von Bayreuth die Zeit mit Musizieren und Komponieren, wie aus Briefen an ihren Bruder Friedrich vom 27. Febr. 1751 und vom 4. Dez. 1752 hervorgeht. Danach wurde Wilhelmines Gesundheit immer instabiler, bis sie schließlich am 14. Okt. 1758 starb.

 

Undat. Gemälde, Umkreis Antoine Pesne (1683−1757).

 

LITERATUR

Wilhelmine von Bayreuth, Memoiren der Markgräfin Wilhelmine von Bareuth, Schwester Friedrichs des Großen nach der eigenhändigen Niederschrift, Leipzig 1924.

Gustav Berthold Volz (Hrsg.), Friedrich der Große und Wilhelmine von Baireuth, 2 Bde., Leipzig 1924 und 1926.

Albert Dunning, Pietro Antonio Locatelli. Der Virtuose und seine Welt, 2 Bde., Bd. 1, Buren 1981.

Irene Hegen, „Wilhelmine von Bayreuth (1709−1758). ‚Mich überfällt ein kalter Schauer, in: Annäherungen IX – an sieben KomponistinnenMit Berichten, Interviews und Selbstdarstellungen, hrsg. von Clara Mayer, Kassel 1998, S. 126−149.

Irene Hegen, „Neue Dokumente und Überlegungen zur Musikgeschichte der Wilhelminezeit“, in: Musik und Theater am Hofe der Bayreuther Markgräfin Wilhelmine, hrsg. von Peter Niedermüller [u. a.] (= Schriften zur Musikwissenschaft 7), Mainz 2002, S. 27−57.

Ruth Müller-Lindenberg, Wilhelmine von Bayreuth. Die Hofoper als Bühne des Lebens, Köln 2005.

Sabine Henze-Döring, „Wilhelmine Markgräfin von Bayreuth und die preußische Hofmusik. Musik- und Musikeraustausch zwischen Ruppin/Rheinsberg und Bayreuth. Neue Quellen zur Bayreuther Hofkapelle in den Jahren 1732 bis 1740 unter besonderer Berücksichtigung des Solokonzerts und der Autorschaft des Markgräfin Wilhelmine zugeschriebenen Cembalokonzerts in g-Moll", In: Wilhelmine von Bayreuth heute. Das kulturelle Erbe der Markgräfin, hrsg. v. Günter Berger, Bayreuth 2009, S. 207−230.

Annegret Huber u. Benjamin Meyer (Hrsg.), Wilhelmine von Bayreuth (1709−1748). Kunst als "Staatsgeschäft", Wien 2014.

Thomas Betzwieser (Hrsg.), Opernkonzeptionen zwischen Berlin und Bayreuth: das musikalische Theater der Markgräfin Wilhelmine, Würzburg 2016.

 

Bildnachweis

Helmut Börsch-Supan, Die Kunst in Brandenburg-Preußen, Berlin 1980, S. 155.

Volz, Bd. 1, S. 225

Wikipedia, http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:

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Carolin Richter

 

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