Europäische Instrumentalistinnen
des 18. und 19. Jahrhunderts

 

Pereira, Pereira-Arnstein, Henriette, Henrietta (Jette) (Judith) Freiin von, geb. von Arnstein

* 29. Nov. 1780 in Berlin, † 13. Mai 1859 in Wien, Pianistin und Saloniere. Sie war die Tochter der Wiener Pianistin Fanny Arnstein geb. Itzig und des Bankiers Nathan Arnstein (1748–1838). In ihrem vermögenden Elternhaus erhielt sie eine umfassende Bildung. Ihre Klavierlehrer waren Muzio Clementi (1752–1832) und der Wiener Klavierbauer Johann Andreas Streicher (1761–1833, verheiratet mit Nanette Streicher). Zusammen mit der Pianistin Magdalena Kurzböck trat sie in den Jahren 1808 und 1809 im halböffentlichen Rahmen auf, u. a. bei Vorspielen im Hause ihres Lehrers.

1802 heiratete sie den Bankier Heinrich Freiherr von Pereira (1773–1835), Adoptivsohn ihrer Eltern Fanny und Nathan Arnstein. Sie hatten vier gemeinsame Kinder, drei Söhne und eine Tochter. Das Ehepaar Pereira konvertierte vom Judentum zum christlich-katholischen Glauben.

 

Henriette Pereira, Gemälde von Jos. Grassi (um 1814).

 

Nach dem Tode Fanny Arnsteins setzte Henriette Pereira die von ihrer Mutter eingeführte Tradition des literarisch-musikalischen Salons fort. Aber anders als diese, die ihr Haus zu einem Mittelpunkt des politischen und diplomatischen Lebens gemacht hatte und bei Bällen und mitternächtlichen Soupers bis zu 400 Gäste empfing, führte Henriette Pereira ihren Salon in einem intimeren Rahmen. Wöchentlich veranstaltete sie eine Künstlersoiree mit musikalischen Darbietungen, bei denen sie selbst als Pianistin mitwirkte. „Der Salon der Baronin Henriette Pereira-Arnstein gehörte zu den besuchtesten und ihre Feste zu den prächtigsten“ (Wiener Salonblatt 1921, S. 9).Sie hatte bedeutende Künstler bei sich zu Gast, darunter Musiker wie Beethoven, Liszt, Mendelssohn und Dichter wie Grillparzer, Stifter, Brentano und Theodor Körner. Letzterer schrieb für sie den Liederzkylus Leier und Schwert. In seinen letzten Lebensjahren stand sie mit Haydn in Verbindung. 

Sie setzte sich, wie auch schon ihre Mutter und ihre Tanten Levy und Eskeles, vielfach für karitative Zwecke ein, war u. a. Leiterin des Marienspitals in Baden bei Wien.

 

LITERATUR

Wiener Salonblatt 1921, S. 9

ÖBL, OeML (Art. Arnstein, Familie), Czeike

Johann Friedrich Reichardt, Vertraute Briefe. Geschrieben auf einer Reise nach Wien und den Österreichischen Staaten zu Ende des Jahres 1808 und zu Anfang 1809, hrsg. von Gustav Gugitz, 2 Bde. (= Denkwürdigkeiten aus Altösterreich 16), München 1915.

Hilde Spiel, Fanny von Arnstein oder Die Emanzipation. Ein Frauenleben an der Zeitenwende 1758–1818, Frankfurt a. M. 1962.

Verena von der Heyden-Rynsch, Europäische Salons, München 1992.

Lea Mendelssohn Bartholdy, Ewig die deine. Briefe an Henriette von Pereira-Arnstein, hrsg. von Wolfgang Dinglinger und Rudolf Elvers, 2 Bde., Hannover 2010.

 

 

Bildnachweis

Hilde Spiel, S. 424 (gegenüberliegende Seite)

 

Hanna Bergmann/BK

 

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