Europäische Instrumentalistinnen
des 18. und 19. Jahrhunderts

 

SchlickSchlik, Caroline, Karoline, verh. Ruppius

* 1786 in Gotha, † nach 1862, Ort unbekannt, Pianistin, Violinistin, Gitarristin und Sängerin. Ihre Eltern waren Johann Konrad Schlick (1759–1818), Violoncellist und Sekretär des Prinzen August von Gotha-Sachsen-Altenburg, sowie die Violinistin Regina Strinasacchi (1761–1839). Ihr Bruder Wilhelm Schlick (1801–?) war später als Violoncellist und Instrumentenbauer tätig.

Über die  musikalische Ausbildung Caroline Schlicks sind nur wenige Informationen überliefert. Als Gesangslehrer lässt sich der Kastrat Francesco Ceccarelli (1752–1814) ermitteln. Der naheliegende Gedanke, sie sei im Instrumentalspiel von ihren Eltern unterwiesen worden, wird durch ihre Instrumentenwahl gestützt, da sie, vom Klavier abgesehen, dieselben Instrumente wie ihre Mutter spielte. Die frühen Stufen ihrer Klavierausbildung sind unbekannt, klar ist indes, dass sie sich noch 1812 pianistischen Schliff von Carl Maria von Weber (1786–1826) holte, der in dieser Zeit beim Gothaischen Prinzen Friedrich IV. zu Gast war. Friedrich bat die ihm offensichtlich nahe vertraute Caroline Schlick darum, Weber „freundlich und freundschaftlich“ (Friedrich an C. Schlick, 12. Aug. 1812, zit. nach Weber 1864) zu begegnen, auch die Mutter Regina Schlick wurde in die Bewirtung des Gastes einbezogen. Weber unterrichtete Caroline Schlick während seines Aufenthaltes in Gotha anscheinend täglich.

Erste öffentliche Auftritte Caroline Schlicks sind freilich früher dokumentiert. Unklar ist, wann sie sich erstmals in Gotha hören ließ, wo ihr Vater „von 1795 an auch ein eigenes Concert in seinem Hause“ (Schilling, Art. Schlick) unterhielt. „Besonderen Reiz erhielt dasselbe später, als seine Tochter zu einer guten Clavierspielerin herangereift war, und nun Vater, Mutter und Tochter zusammen Trio’s für Clavier, Violoncell und Violine vortrugen“ (ebd.). Der erste Nachweis von öffentlichen Aktivitäten Caroline Schlicks findet sich für den 2. März 1800, zu hören war sie an jenem Tag im Extrakonzert des Leipziger Gewandhauses. Sie spielte dort gemeinsam mit ihren Eltern ein Klaviertrio von Johann Franz Xaver Sterkel.  Später lassen sich weitere Konzerte ermitteln, in  denen die Schlicks als Familienensemble auftraten, etwa 1805 in Dresden. In Gotha musizierte sie nicht nur mit den Eltern, sondern beispielsweise 1807 an zwei Klavieren mit dem Pianisten und Komponisten Friedrich Heinrich Himmel (1765–1814).

Welche Rolle das Trio der Familie Schlick im Musikleben der Residenzstadt Gotha gespielt haben mag, ist unklar. Friedrich von Matthisson berichtet noch 1815 von der „musikalischen Familie Schlick“ (Matthisson 1829, S. 40), lobt zunächst den Vater und schreibt dann: „Eine kaum geringere Geschicklichkeit auf der Geige erwarben sich Mutter und Tochter. Letztere vereinigt auch mit seltener Fertigkeit auf dem Klavier, einen ausdrucksvollen Gesang“ (ebd.). Bei ihren Konzertreisen steuerten die Drei indes auch weiter entfernte Ziele an. So ist 1809 den „Miszellen für die neueste Weltkunde“ zu entnehmen: „Eine deutsche musikalische Familie Schlick aus Gotha, beim Prinzen von Sachsen-Gotha angestellt, wird in Rom wegen einer seltenen Vollkommenheit in der harmonischen Exekution des Klaviers, der Violine und des Violoncells bewundert. Mademoiselle Schlick ist eine gefühlvolle Klavierspielerin; so ist ihre Mutter Violinspielerin“ (Miszellen für die neueste Weltkunde 1809, S. 4). Südlich der Alpen hielt sich die Familie anscheinend länger auf. Goethes enger Freund Karl Ludwig von Knebel berichtet an seine Schwester Henriette 1811 aus Jena über den Besuch der „Mademoiselle Schlick aus Gotha. Letztere ist ein treffliches Mädchen, zwar nicht hübsch und etwas von Blattern entstellt, doch wohl gewachsen und voll guten Sinnes und ausgezeichneten Eigenschaften. Sie ist zur Musik gebildet und singt und spielt trefflich auf dem Klavier. Sie brachte mit ihren Eltern zwei Jahre in Rom und Neapel zu, und hat sich sehr gebildet“ (Knebel/Düntzer 1858, S. 549). 1816 stand Caroline Schlick laut dem „Gothaer Bestallungs- und Besoldungsbuch“ in höfischen Diensten und wurde für ihre Tätigkeit für die Hofkapelle mit zunächst 100 Talern entlohnt, wobei diese Zuwendung noch im selben Jahr auf 200 Taler erhöht wurde.

1818 findet sich ihr Name in einer Familienanzeige im Zusammenhang mit dem Tod des Vaters. Dort unterschreibt sie mit „Caroline Ruppius, geb. Schlick, Tochter“ (Allgemeiner Anzeiger der Deutschen 1818, Sp. 2092). Ihr Ehemann – die Heirat könnte zwischen 1816 und 1818 stattgefunden haben – war Carl Ruppius (1786—1866), Anatom und Leibarzt Friedrichs IV. von Sachsen-Gotha-Altenburg. Im Dez. 1821, im Konzert des kurz zuvor in Gotha gegründeten Singvereins, trat Caroline Ruppius noch einmal in die Öffentlichkeit. Auf dem Programm stand „ein Fortepiano-Concert von Mozart, gespielt von der Frau Hofräthinn Ruppius, geborenen Schlick, einer der vorzüglichsten Fortepiano-Spielerinnen Deutschlands“ (AmZ 1821, Sp. 817). Informationen über das weitere Leben der Caroline Ruppius liegen derzeit nicht vor. Ein letztes Lebenszeichen stammt aus dem Nov. 1862; sie verfasste unter diesem Datum ein freundliches Zeugnis für die jugendliche Pianistin Alwine Ohm.

 

LITERATUR

Caroline Ruppius, Zeugnis für Alwine Ohm, 10. Nov. 1862, Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg Frankfurt [a. M.], Mus. Autogr. Ruppius, C.

Gehaltsfestsetzung für Caroline Schlick, Tochter von Johann Conrad und Regina Schlick 1816 (Bestallungs- und Besoldungsbuch 1816), Thüringisches Staatsarchiv Gotha, Schreiben an den Autor vom 14. Nov. 2011.

Abend-Zeitung [Dresden] 1805, S. 351

Allgemeiner Anzeiger der Deutschen 20. Juli 1818, Sp. 2092

AmZ 1821, Sp. 817

Miszellen für die neueste Weltkunde 1809, S. 4

Morgenblatt für gebildete Stände 1813, S. 100

Zeitung für die elegante Welt 1807, Sp. 416, 503f.

Johann Georg Meusel, Teutsches Künstlerlexikon oder Verzeichniss der jetztlebenden Teutschen Künstler, 2 Bde., Bd. 2, Lemgo 1809.

Johann Friedrich Reichardt, Vertraute Briefe geschrieben auf einer Reise nach Wien und den Oesterreichischen Staaten zu Ende des Jahres 1808 und zu Anfang 1809, 2. Bde, Bd. 1, Amsterdam 1810.

Schriften von Friedrich Matthisson. Ausg. letzter Hand, 9 Bde., Bd. 7, Zürich 1829.

Aus Ludwig von Knebels Briefwechsel mit seiner Schwester Henriette (1774–1813), hrsg. von Heinrich Düntzer, Jena 1858.

Max Maria von Weber, Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild, Leipzig 1864.

http://www.weber-gesamtausgabe.de/de/A002068/Korrespondenz/A040530, Zugriff am 5. Dez. 2012.

 

Volker Timmermann

 

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