Europäische Instrumentalistinnen
des 18. und 19. Jahrhunderts

 

LewyLevy, Melanie, verh. Parish Alvars, Parish-Alvars

* vermutlich 1824 in Wien, † 6. Apr. 1856 in Wiesbaden, Harfenistin. Sie war die Tochter von Johanna geb. Weiler und Eduard Constantin Lewy (1796–1846). Ihr Vater, der einige Zeit als Solo-Hornist im Hofopernorchester am Kärntnertortheater in Wien angestellt war und später Lehrer am Wiener Konservatorium wurde, sorgte früh für die musikalische Ausbildung seiner Tochter. Bereits im Jahr 1836 trat sie mit ihrem Vater und ihren beiden Brüdern im Kleinen Redoutensaal in Wien mit großem Erfolg auf. Neben Melanie Lewy an der Harfe vervollständigten ihr Vater, ihr jüngerer Bruder Richard am Horn und ihr Bruder Carl am Klavier das „seltene Kleeblatt“ (Schilling). Vermutlich ab 1836 erhielt sie Unterricht von dem berühmten englischen Harfenvirtuosen, ihrem späteren Ehemann, Elias Parish Alvars (1808–1849), der zu dieser Zeit als erster Harfenist an der Wiener Oper angestellt war. 1838 begab sich die Künstlerfamilie Lewy auf Konzertreise durch Deutschland nach Russland. Unter anderem trat die Familie 1838 im Leipziger Gewandhaus auf. Die Konzertkritiken waren dabei durchweg positiv. Melanie Lewy wurde vom Publikum uneingeschränkt als Kindervirtuosin gefeiert. Als Hauptattraktion galt jedoch der kleine Bruder Richard Lewy, der bereits als Siebenjähriger mit dem Horn Aufsehen erregte. 1838 wird der Achtjährige als „schelmisch„klug, sein Spiel als manchmal „zornig, dann wieder „schön und immer „meisterlich beschrieben. Weiter heißt es: „Die Schwester Melanie ist der Gegensatz dieser Keckheit, eine zarte, mehr nachdenkliche Gestalt, wie sie an die Harfe gehört, die sie, wenn auch nicht ganz so merveillös wie Richard das Horn, so artig und zierlich zu behandeln versteht (NZfM 1838 II, S. 102). Auch in vielen anderen Konzertbesprechungen finden sich die zeittypischen Wahrnehmungsmuster: „Richard ist bewunderungswürdig. Er handhabt das Horn mit der Gewandtheit und Kraft eines Mannes […]. Sehr interessant war auch die Leistung der reizenden liebenswürdigen Melanie, welche die Harfe mit einer Zartheit und einem Ausdrucke zu behandeln versteht, daß sie sich die Herzen aller Zuhörer und die einstimmige Anerkennung aller Kunstkenner erwarb (National-Verein 1841, S. 48).

Ab 1841 ist eine regelmäßige Konzerttätigkeit der Familie Lewy nachgewiesen, bei der Elias Parish Alvars zum Teil mitwirkte. 1842 fand die Eheschließung zwischen Melanie Lewy und Elias Parish Alvars statt. 1843 wurde die Tochter Aloisia geboren. Im selben Jahr begab sich das Ehepaar zusammen mit Carl und Richard Lewy erneut auf Konzertreise. Elias Parish Alvars unternahm ab 1844 ausgedehnte Reisen nach Italien, England, Frankreich und Deutschland. 1845 begleitete seine Ehefrau ihn auf einer kurzen Konzertreise von Leipzig nach London, danach kam im Jahr 1846 das zweite Kind Arthur zur Welt.

1848 errang Melanie Parish Alvars im „Solfeggiren“ einen 2. Preis am Pariser Konservatorium (AmZ 1848, Sp. 544). Ob sie in Paris länger verweilte und Unterricht nahm, wie von Albrecht vermutet, lässt sich nicht belegen. Nach dem Tod ihres Mannes im Jahre 1849 trat sie mit Erfolg eine Karriere als Solo-Harfenistin an. Möglicherweise zog sie nach London, denn die „Neue Berliner Musikzeitung“ vermeldet 1851 aus London: „Mad. Parish-Alvars, die früher als Frl. Melanie Lewy auch im Auslande bekannt gewordene und gefeierte Harfenistin, verlässt uns, um einige Zeit in Deutschland zuzubringen, wo sie zunächst in Berlin concertiren will (S. 325). Die angekündigte Konzertreise führte sie 1851 u. a. nach St. Petersburg, Leipzig, Wien und Berlin, wo sie überwiegend Kompositionen ihres verstorbenen Mannes vortrug. Die „Neue Berliner Musikzeitung“ schreibt 1854: „Die Künstlerin nimmt unter den jetzt lebenden Virtuosinnen ihres Instrumentes unbestritten die erste Stelle ein (S. 19). Melanie Parish Alvars starb im Alter von 32 Jahren an einer Atemwegserkrankung.

 

Melanie Lewy, Lithographie von Leopold Müller, ca. 1840.

LITERATUR

AmZ 1848, Sp. 544

AWM 1841, S. 122, 170, 171, 198, 634 f.; 1843, S. 38

Bock 1851, S. 325; 1852, S. 341; 1854, S. 413; 1855, S. 19, 47, 58 f., 117; 1856, S. 126

Castelli 1836, S. 56; 1838, S. 183 f.

Hannoversches Museum. Organ für Literatur, bildende Kunst, Theater, Musik und soziales Leben, hrsg. von Dr. W. Schröder, Hannover 1838/39, 1838 Nr. 18, Sp. 142

Illustrirte Zeitung [Leipzig] 1851 II, S. 82

NZfM, 1838 II, S. 102, 202; 1839 I, S. 103; 1843 I, S. 40

National-Verein 1841, S. 48

Signale 1856, S. 207

Schilling (Art. Lewy), Schla/Bern (Art. Lewy), Mendel (Art. Lewy), Wurzbach (Art. Lewy), MGG 2000 (Art. Parish-Alvars)

Freia Hoffmann, Instrument und Körper. Die musizierende Frau in der bürgerlichen Kultur, Frankfurt a. M. u. Leipzig 1991.

Familienglück – das Beste auf Erden: die Berichte der Ehefrau Christiane des Bremer Kaufmanns Georg Friedrich Sengstack aus den Jahren 1820 bis 1861, Bukarest 1997.

Theodore Albrecht, Melanie Lewy Parish-Alvars. New Discoveries and Perceptions, in: The American Harp Journal, Vol. 17, No.1 (1999), S. 15–22.

 

Bildnachweis

The American Harp Journal Vol. 17, No. 1 (1999).

 

Juliane Schaer

 

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