Europäische Instrumentalistinnen
des 18. und 19. Jahrhunderts

 

Kanzler, Josepha, Josephine, verh. Fladt, Geheimrätin von Flad

* 15. Juli 1778 in Markt-Tölz, † 5. Mai 1843 in München, Pianistin, Klavierlehrerin und Komponistin. Ihre Eltern waren der Gerichtsmediziner Dr. Benno Friedrich Kanzler und Franziska Kanzler geb. Weishaupt. Nach der Versetzung des Vaters nach München erhielt Josepha Kanzler eine umfangreiche musikalische Ausbildung. Im Klavierspiel wurde sie von Marcus Falter (1762–1843) und Franz Seraphin Lauska (1764–1825) unterrichtet. In Musiktheorie waren ihre Lehrer Joseph Graetz (1760–1826) und Franz Danzi (1763–1826). Bei ihrem späteren Kompositionslehrer Abbé Georg Joseph Vogler (1749–1814) war sie Mitschülerin Carl Maria von Webers und Giacomo Meyerbeers. Im Jahr 1804 heiratete sie den Münchener Geheimrat Philipp von Fladt (1778–1865). Um 1811 hielt sie sich vermutlich für Konzerte in Mannheim auf.

In den Münchener Musikkreisen wurde sie zu einer wichtigen Förderin junger Talente. Zu ihren Schülern zählten unter anderem die Pianisten Josef Rudolf Schachner (1816–1896) und Adolph Henselt (1814–1889). Letzterer erhielt bis zum 17. Lebensjahr eine intensive Ausbildung in Komposition und Klavierspiel von Josepha von Fladt, „der anerkannten theoretischen Künstlerinn“ (Der Wanderer 13. Jan. 1836), die ihn anschließend zu Johann Nepomuk Hummel nach Weimar weiterempfahl. Aufgrund der intensiven Beziehung von Josepha von Fladt zu Abbé Vogler bezeichnete sich Adolph Henselt später auch als „Enkel Voglers“ (La Mara, S. 87).

„Diese Künstlerinn ist eine der ersten Klavierspielerinnen unserer Zeit, besitzt eine außerordentliche Fertigkeit auf diesem Instrumente, verstehet jedes Stück mit Eleganz, Ausdruck, wahrer Empfindung und Geschmacke vorzutragen, und bezaubert eben so sehr durch ein Adagio, als sie durch ein Allegro in Erstaunen setzt, und Bewunderung erregt. Ihre sich erworbenen Kenntnisse in der Theorie der Musik und im Generalbaß sind sehr umfassend, und zeigen von ihrer großen Gelehrsamkeit im ausgebreiteten Gebiete der Tonkunst (Lipowsky).

Josepha von Fladt erwarb auch durch ihre kompositorische Tätigkeit Anerkennung. Von ihren Werken sind mehrere im Druck erschienen, darunter einige Klavierwerke.

 

WERKE FÜR KLAVIER

Sonate zu vier Händen op. 4 (München)

Sonate zu vier Händen für Pianoforte op. 5 (Wien)

Sonate für Pianoforte op. 7 (Leipzig)

Klaviersonaten (mit und ohne Violinbegleitung)

Klaviervariationen

Klavierquartett in D-Dur (Paris)

Klavierquartett in es-Moll (Wien)

 

 

LITERATUR

Der Bazar für Kunst, Literatur, Theater und Geselligkeit 1837, S. 138

Cäcilia 1839, S. 62

Jahrbücher des deutschen National-Vereins für Musik und ihre Wissenschaft, 27. Juni 1839

Der Wanderer 13. Jan. 1836

Lipowsky, Mendel, Paul, Fétis, EitnerQ, Ebel,  Cohen

Max Maria von Weber, Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild, 3 Bde., Bd. 1, Leipzig 1864.

Georg Westermayer, Chronik der Burg und des Marktes Tölz, o. O. 1871.

Arthur Elson, Woman’s Work in Music, Boston 1903.

Susan Stern, Women Composers. A Handbook, Metuchen 1978.

Barbara Garvey Jackson, „Say you can deny me“: A guide to surviving music by women from the 16th trough the 18th centuries, Fayetteville 1994.

Claudia Schweitzer, ... ist übrigens als Lehrerinn höchst empfehlungswürdig. Kulturgeschichte der Clavierlehrerin (= Schriftenreihe des Sophie Drinker Instituts 6), Oldenburg 2008.

Gebhard Kindl, „Adolph von Henselt (1814-1889). Lebensdaten des virtuosen Pianisten, begabten Komponisten und richtungsweisenden Klavierpädagogen“, in: Internationale Adolph-Henselt-Gesellschaft, online http://www.schwabach.de/henselt/henseltbiographie.pdf. 2005, Zugriff am 1. Juli 2011.

WeGA, http://weber-gesamtausgabe.de, Zugriff am 29. März 2023.

 

 

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