Europäische Instrumentalistinnen
des 18. und 19. Jahrhunderts

 

Rothschild, Florence, verh. Bassermann, Rothschild-Bassermann

* 5. Juli 1863 in London, † 6. Febr. 1942 in Frankfurt a. M., Pianistin und Klavierlehrerin. Florence Rothschild entstammte dem Londoner Zweig der Rothschild-Familie. Sie war die Tochter des Kaufmanns Charles Rothschild (1826–1885) und seiner Ehefrau Lisette geb. Salomon (1831–1895). Zwischen 1877 und 1881 erhielt sie Klavierunterricht von Carl Heymann (1854−1922) in Frankfurt a. M. Auf dessen Empfehlung hin bewarb sie sich erfolgreich um einen Studienplatz bei Clara Schumann am Hoch’schen Konservatorium, wo sie von 1880 bis 1884 als Schülerin eingeschrieben war. In den Jahresberichten der Einrichtung ist die Mitwirkung der Pianistin bei Übungs- und Prüfungskonzerten belegt. Ihre letzte Prüfung absolvierte sie am 4. Juli 1883 mit dem Vortrag von Nummern aus Robert Schumanns Kreisleriana op. 16.
Bis 1884 studierte Florence Rothschild bei Clara Schumann, arbeitete seit dem Studienjahr 1883/1884 aber bereits als Klavierlehrerin am Konservatorium.

 

Florence Rothschild, Photographie von Arthur Max.

 

Am Konservatorium lernte Florence Rothschild ihren späteren Ehemann – den Violinisten Friedrich Bassermann (1850−1926) – kennen, der von 1878 bis 1880 ebenfalls dort studiert und zum Wintersemester 1880/1881 eine Anstellung als Lehrer für Violine erhalten hatte. Mit ihm, dem Kollegen Bernhard Cossmann (Violoncello) und dem Studenten Heinrich Diehl (Viola) trat die Pianistin 1887 in Gießen auf. Das Programm enthielt Beethovens Klaviertrio D-Dur op. 70 Nr. 1 sowie Robert Schumanns Quartett Es-Dur op. 47. Florence Rothschild spielte außerdem die Klaviersonate H-Dur op. 28 von Bernhard Scholz.

Die Eheschließung von Florence Rothschild mit Friedrich Bassermann erfolgte am 3. Aug. 1887. Am 20. Sept 1888 wurde der gemeinsame Sohn Hans Erich geboren († 1978), der später als Violinist Bekanntheit erlangte.

 

Florence Bassermann, Photographie von Katharina Culié.

 

Bis 1897 war Florence Bassermann am Hoch’schen Konservatorium als Lehrerin angestellt. Daneben finden sich nur wenige Belege für Auftritte. Am 18. Jan. 1892 veranstaltete die Pianistin ein eigenes Konzert im Konzertsaal des Hoch’schen Konservatoriums.

 

Konzertprogramm, 18. Jan. 1892.

 

1895 konzertierte Florence Bassermann in Mannheim, 1895 und 1896 in Wiesbaden. Mehrfach wirkte sie auch als Klavierbegleiterin in Konzerten der Gesangschule von Julius Stockhausen in Frankfurt mit, u. a. am 13. Nov. 1892, am 31. Mai 1896, am 3. Apr. 1898 und am 20. Mai 1900. Bis 1918 war die Musikerin regelmäßig in Kammermmusikkonzerten der Frankfurter Museums-Gesellschaft zu hören. Zu den KonzertpartnerInnen zählten neben Fritz Bassermann auch weitere Kollegen vom Hoch’schen Konservatorium, darunter vor allem Hugo Heermann (Violine), Johann Naret-Koning (Violine), Adolf Rebner (Violoncello), Hugo Becker (Violoncello) und Johannes Hegar (Violoncello).

Florence Bassermann war Jüdin; sie konvertierte ein Jahr vor der Geburt ihres Sohnes zum Protestantismus. Am 6. Febr. 1942 beging sie,  Barbara von der Lühe zufolge vermutlich angesichts drohender Deportation, Suizid.

Von Florence Bassermann liegt eine Einspielung von Brahms’ Intermezzo e-Moll op. 119 Nr. 2 auf Notenrolle vor.

 

 

LITERATUR

Florence Bassermann, „Clara Schumann als Lehrerin“, in: Neue Musik-Zeitung 23 (1919), S. 280.

Bassermann’sche Familien-Nachrichten 1908, S. 85

Die Gartenlaube 1912, S. 178

Jahresbericht des Dr. Hoch’schen Conservatoriums für alle Zweige der Tonkunst zu Frankfurt am Main [JB] 1879/1880, S. 6; 1880/1881, S. 7; 1881/1882, S. 6, 21; 1882/1883, S. 3, 21, 22, 24, 26, 27; 1883/1884, S. 16, 22, 34, 36, 39, 42, 44, 45, 46; 1884/1885, S. 4, 6, 7, 14, 30; 1885/1886, S. 4, 5, 6, 7, 13, 17; 1886/1887, S. 5, 6, 7, 11, 33; 1887/1888, S. 9, 11, 12, 13, 14, 17, 33; 1888/1889, S. 3, 5, 6, 7, 25; 1889/1890, S. 3, 5, 6, 7, 8, 27; 1890/1891, S. 3, 5, 6, 7, 8, 25; 1891/1892, S. 3, 5, 6, 7, 8, 31, 32; 1892/1893, S. 3, 5, 6, 7, 8, 29; 1893/1894, S. 3, 5, 6, 7, 8, 29; 1894/1895, S. 3, 5, 6, 7, 8, 30; 1895/1896, S. 4, 11, 12, 13, 14; 1896/1897, S. 3, 7, 8, 9, 10, 31

Der Klavier-Lehrer 1886, S. 160, 184; 1890, S. 50

Magazine of Music 1893, S. 23

Monthly Musical Record 1888, S. 95

Musical News 1895, S. 253

Musical Standard 1894 I, S. 233

MusT 1888, S. 449; 1889, S. 134, 454; 1891, S. 452, 516; 1892, S. 69, 132; 1893, S. 388, 452; 1894, S. 126, 437, 508; 1895, S. 79, 434; 1896, S. 78, 149, 508; 1897, S. 79, 150, 436, 508

Musikalisches Centralblatt, 1884, S. 316

NZfM 1867, S. 106; 1887, S. 241

Heinrich Hanau, Dr. Hoch’s Conservatorium zu Frankfurt am Main. Festschrift zur Feier seines fünfundzwanzigjährigen Bestehens (18781903), Frankfurt a. M. 1903.

Wilhelm Joseph von Wasielewski, Die Violine und ihre Meister, Leipzig 6. Aufl. 1920.

Julia Wirth (Hrsg.), Julius Stockhausen. Der Sänger des deutschen Liedes. Nach Dokumenten seiner Zeit dargest. von Julia Wirth, geb. Stockhausen (= Frankfurter Lebensbilder 10), Frankfurt a. M. 1927.

Erich Hermann Müller, Deutsches Musiker-Lexikon, Dresden 1929.

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Barbara von der Lühe, Die Musik war unsere Rettung! Die deutschsprachigen Gründungsmitglieder des Palestine Orchestra (= Wissenschaftliche Abhandlungen des Leo-Baeck-Instituts 58), Tübingen 1998.

Annkatrin Babbe, Clara Schumann und ihre SchülerInnen am Hoch’schen Konservatorium in Frankfurt a. M. (= Schriftenreihe des Sophie Drinker Instituts 11), Oldenburg 2015.

Dies., „Netzwerke von und um Clara Schumann am Hoch’schen Konservatorium“, in: Musikerinnen und ihre Netzwerke im 19. Jahrhundert, hrsg. von ders. u. Volker Timmermann (= Schriftenreihe des Sophie Drinker Instituts 12), Oldenburg 2016, S. 163–178.

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Bildnachweis

Sammlung Manskopf der Goethe Universität Frankfurt a. M., http://edocs.ub.uni-frankfurt.de/volltexte/2003/7802764/, Zugriff am 7. Mai 2013.

Sammlung Manskopf der Goethe Universität Frankfurt a. M., http://edocs.ub.uni-frankfurt.de/volltexte/2003/7810588/, Zugriff am 7. Mai 2013.

Konzertprogramme aus dem Nachlass Julius Stockhausen, http://publikationen.ub.uni-frankfurt.de/frontdoor/index/index/docId/19694, Zugriff am 20. Juli. 2013.

Deutsches Museum, Notenrollensammlung, Florence Bassermann, https://digital.deutsches-museum.de/projekte/notenrollen/2014-811/, Zugriff am 3. Aug. 2022.

 

Annkatrin Babbe

 

 

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