Europäische Instrumentalistinnen
des 18. und 19. Jahrhunderts

 

Burmester, Burmeister, Johanna, verh. Sußmann-Burmester

* ca. 1865 in Hamburg, † 1925 in Hamburg, Pianistin. Sie war die Tochter des Hamburger Violinisten Wilhelm Burmester. Wie aus den Memoiren ihres vier Jahre jüngeren Bruders, des Geigers Willy Burmester (1869–1933), hervorgeht, spielte Johanna Burmester in ihrem siebten Lebensjahr „bereits fleißig Klavier“ (Burmester, S.12). Sie wurde zunächst von Friedrich Adolf Mehrkens (1840–1899) ausgebildet. Um 1881 erhielt sie in Weimar Unterricht von Franz Liszt (1811–1886). Später übernahm Hans von Bülow (1830–1894) ihren Unterricht.

Schon ab 1876 trat Johanna Burmester mehrfach zusammen mit ihrem Bruder in Hamburg und Umgebung auf. Genaue Konzertdaten sind allerdings nur in geringer Zahl, beispielsweise für Konzerte in den Jahren 1886 und 1887 in Berlin und 1889 in Hamburg, belegt. Mindestens einmal im Jahr veranstalteten die beiden Geschwister ein gemeinsames Konzert in Hamburg. Über einen Auftritt am 20. März 1890 berichtet das „Hamburger Fremdenblatt“ von einem „rühmenswerten Grad der Ausbildung“, den das Geschwisterpaar nicht nur durch Fleiß, sondern auch durch Talent erreicht habe: „Wie Viele fühlen sich berufen, doch wie Wenige sind auserwählt. Zu den Letzteren gehört ohne Zweifel das Geschwisterpaar Burmester“ (Hamburger Fremdenblatt 21. März 1890).

Gleichermaßen freundlich äußerte sich dieselbe Zeitung, als sie die Aufführung von Beethovens Tripelkonzert op. 56 unter der Leitung Hans von Bülows im März 1890 kommentierte: „Die Wiedergabe des solistischen Theiles fordert drei vollkommen gleich fähige Künstler, […] am gestrigen Abend waren dies [...] Frl. Johanna und Herr Willy Burmester und Herr Cäsar Schwormstädt [...]. Frl. Burmester ist eine tüchtige, künstlerisch fähige Pianistin, die von Beginn ihrer Studien […] stets das Hohe erstrebte“ (Hamburger Fremdenblatt 11. März 1890).

Es finden sich zwei eher negative Kritiken, eine davon über ein Konzert in Berlin im Nov. 1891 (Signale 1891, S.1000) und eine weitere über einen Auftritt am 3. Nov. 1887 in Berlin. Willy Burmesters Vortrag wird darin äußerst positiv bewertet, das Spiel seiner Schwester lasse nach Auffassung der Kritiker aber „noch viel zu wünschen übrig“ (Der Klavier-Lehrer 1886, S. 261)Die übrigen Kritiken sind meist wohlwollend, oftmals aber nur kurz und wenig aussagekräftig.

Das anscheinend geringe Interesse der Öffentlichkeit an der Pianistin könnte unter anderem darin begründet liegen, dass sie, abgesehen von einigen Auftritten in Berlin, kaum außerhalb Hamburgs konzertiert hat und fast ausschließlich als Begleitung ihres Bruders in Erscheinung getreten ist. Lediglich der Zusatz „eigene Concerte“ (Signale 1892, S. 131) hinter ihrem Namen bei einer Aufzählung der erfolgten Konzerte in der Zeitschrift „Signale für die musikalische Welt“ lässt vermuten, dass sie in Berlin 1891 auch solistisch aufgetreten ist. Da die Konzertbelege 1891 enden, ist anzunehmen, dass Johanna Burmester um diese Zeit geheiratet hat. In einer Todesmeldung des Grazer Tagblattes vom 9. Juli 1925 heißt es: „Nach ihrer Verheiratung zog sich die Künstlerin aus der Öffentlichkeit zurück, und nur in der Gesellschaft hörte man sie noch spielen."

Neben ihren Kontakten zu von Bülow und Liszt ist durch die Tagebücher Tschaikowskys belegt, dass Johanna Burmester auch mit ihm bekannt war. Offenbar hatte er die Familie Burmester im Jan. 1888 in Hamburg kennengelernt.

 

LITERATUR

Peter Tschaikowski.  Die Tagebücher, hrsg. von Ernst Kuhn, Berlin 1992.

Bock 1890 S. 113, 141; 1891, S. 416

FritzschMW 1888, S. 251; 1890, S. 231f.; 1891, S. 608

Hamburger Fremdenblatt 1890, 11., 15., 21. März

Der Klavier-Lehrer 1886, S. 261; 1891, S. 290ff.

Grazer Tagblatt 9. Juli 1925

NZfM 1887, S. 535; 1925, S. 611

Signale 1886, S. 1044; 1887, S. 986; 1889, S. 499; 1890, S. 469, 549; 1891, S. 1000, 1892, S. 131

Hans von Bülow, Briefe und Schriften, hrsg. von Marie von Bülow, 8 Bde., Bd. 8, Leipzig 1908.

Willy Burmester, 50 Jahre Künstlerleben, Berlin 1926.

Hans-Joachim Hinrichsen, Musikalische Interpretation. Hans von Bülow, Stuttgart 1999.

Peter Feddersen, Tchaikowsky in Hamburg. Eine Dokumentation, Mainz 2006.

 

Sandra Middeldorf/FH

 

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