Europäische Instrumentalistinnen
des 18. und 19. Jahrhunderts

 

Przyrembel, Karoline, Caroline

Lebensdaten unbekannt, wahrscheinlich in Warschau geboren (Brünner Zeitung 29. Dez. 1831), Flötistin. Nicht nur über Przyrembels Konzerttätigkeit, sondern auch über ihre frühe Biographie geben, soweit derzeit vorliegend, ausschließlich Konzertankündigungen und -berichte Auskunft, über ihr Schicksal zwischen 1836 und 1849 nur zwei Briefe von ihr an Louis Spohr.

Sie bekam ihre musikalische Ausbildung am Konservatorium in Warschau, an dem sie einen „prix de mérite“ (Courrier du Midi 19. Dez. 1835) erhielt. Ihr Mann starb 1831 bei der Einnahme Warschaus während des gescheiterten polnischen Novemberaufstands, und Przyrembel flüchtete wie viele andere Landsleute nach Westeuropa.

Ihr derzeit frühestes bekanntes Konzert fand am 29. Dez. 1831 in Brünn statt, weitere Auftritte sind belegt 1832 in Coburg, Leipzig, Kassel, Würzburg, Straßburg und vermutlich Metz (ein unter anderem im „Niederrheinischen Kurier“ vom 13. Nov. 1832 belegtes Zeugnis von Johann Anton André legt außerdem Frankfurt am Main nahe), 1833 in Zürich, 1833 oder 1834 in Besançon und Lyon, 1834 in Brüssel, 1835 in Limoges, Toulouse und Montpellier sowie 1836 in Karlsruhe und München. Die Bewerbung der Konzerte hatte zwei Komponenten. Einerseits verweisen die Ankündigungen auf ihre Herkunft und damit verbunden auf die Möglichkeit, die polnischen Flüchtlinge zu unterstützen, z. B.: „und werden übrigens alle Freunde der Tonkunst und geflüchteter Polen Wohlwohlende [sic] ergebenst eingeladen“ (Herzogl.-Sachsen-Coburgisches Regierungs- und Intelligenzblatt 1832, S. 316). Andererseits erwähnen die Konzertanzeigen teilweise Zeugnisse von Louis Spohr, Caspar Kummer und Johann Anton André, später auch von Johann Nepomuk Hummel. Davon ist allerdings nur der Text von Spohr überliefert. Er appelliert nicht nur an die „Verehrer der heldenmüthigen und jetzt so tief gebeugten Nation“, sondern weist auch auf „ihre vor der Revolution […] glänzenden Verhältnisse“ hin. Er schätzte Caroline Przyrembels Fähigkeit hoch ein: „Ein Talent, welches sie früher als Dilettantin übte, eine, für eine Dame seltene Kunstfertigkeit auf der Flöte, dient ihr nun als Erwerbsmittel“ (Brief vom 27. Apr. 1832)

Przyrembels eigenen Angaben in einem Brief vom 21. Febr. 1848 an Louis Spohr zufolge war sie „bis 1840 in verschidnen [sic] Gegenden gewesen“, entschied sich dann aber zu einer Rückkehr nach Warschau. Auf dem Weg dorthin aufgegriffen, ließ sie jedoch der Gendarmeriekommandant von Wielun nach Kiew bringen, von wo sie nach Stationen in Moskau und Kostroma erst 1844 wieder nach Warschau kam. Eine Augenerkrankung veranlasste sie vermutlich 1847 nach Berlin zu ziehen, wo sie sich offensichtlich schnell verschuldete. Ein weiterer Brief an Spohr vom 12. Apr. 1848 ist derzeit ihr letztes Lebenszeichen.

Bei ihren Konzerten spielte die Musikerin unter anderem Introduktion und Allegro von Caspar Kummer (belegt in Zürcherisches Wochenblatt 1833, S. 64), Divertissement von Wilhelm Gabrielsky, Variationen von Joseph Gohl, Fantasie von Charles Cottignies, Variationen von Jean-Louis Toulou, Air varié von Louis Drouet und Fantasie von Anton Bernhard Fürstenau.

 

LITERATUR

Korrespondenz zwischen Karoline Przyrembel und Louis Spohr, in: Spohr-Briefe, hrsg. v. Karl Traugott Goldbach, Kassel 2016f., http://www.spohr-briefe.de/index.php?id=35&m=2463, Zugriff am 5. Sept. 2022.

AmZ 1832, Sp. 298

Bayerische National-Zeitung 8. Apr. 1836

Brünner Zeitung 29. Dez. 1831

Brünner Theater-Almanach 1833, S. 6

Courrier du Bas-Rhin 13. Nov.1832

Courrier du Midi 19. Dez. 1835

L’épingle 10. Mai 1835

Herzogl.-Sachsen-Coburgisches Regierungs- und Intelligenzblatt 1832, S. 316

Indépendance Belge 1834, 22., 25. Okt., 1. Nov.

Journal de la Belgique 1. Nov. 1834

Journal des artistes et des amateurs 1832, S. 447

Journal politique et littéraire de Toulouse et de la Haute-Garonne 6. Dez. 1835

Karlsruher Intelligenz- und Tage-Blatt 23. März 1836

Neue Zürcher Zeitung 23. Febr. 1833

Der Postbote aus Franken 12. Juni 1832

Revue limogienne 27. Aug. 1835

Le Voleur 1833, S. 16

Zürcherisches Wochenblatt1833, S. 64

Konzertzettel Odeon München, 7. Mai 1836

Freia Hoffmann, Instrument und Körper. Die musizierende Frau in der bürgerlichen Kultur, Frankfurt a. Main u. Leipzig 1991.

Bert Hagels, Konzerte in Leipzig 1779/80–1847/48. Eine Statistik, Berlin 2009, pdf-Dokument auf CD-Rom.

 

Karl Traugott Goldbach

 

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