Nachlass

Das Sophie Drinker Institut ist stolz darauf, dass es seit 2002 offiziell den künstlerischen Nachlass von Myriam Marbe betreut. Das umfangreiche Quellenmaterial wurde von der Tochter und Erbin, Nausicaa Marbe, und dem Nachlassverwalter, Thomas Beimel, als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt, von den MitarbeiterInnen des Instituts sorgfältig gesichtet und katalogisiert und steht in digitalen Sicherungskopien zur Einsichtnahme zur Verfügung.

Die Sammlung im Sophie Drinker Institut enthält autographe Partituren, Stimmen, Skizzen und Entwürfe sowie gedruckte Werke. Im Bestreben, alle Kompositionen zu bewahren, wurden auch diejenigen archiviert, die nicht für Aufführungen autorisiert sind oder für die keine spielbare Fassung letzter Hand existiert. Außerdem umfasst der Nachlass Kompositionsstudien, Tonsatzübungen, allgemeine Arbeiten zu kompositorischen Techniken sowie wichtige von Marbe genutzte Materialsammlungen ganz unterschiedlicher Provenienz (z. B. rumänisch-byzantinische Hymnen oder Quelleneditionen zur jüdischen Musik). Darüber hinaus bewahrt das Sophie Drinker Institut eine umfangreiche Zusammenstellung von Begleittexten, Programmheften und Presseausschnitten auf, die Myriam Marbe selbst zu ihren Kompositionen angelegt hat. Ein weiterer Sammlungsbereich sind Rundfunk- und Fernsehsendungen über Person und Werk, Interviews sowie Tonträger mit Marbes Musik. Teilweise sind hier Uraufführungen dokumentiert, teilweise Aufführungen von Werken, von denen bislang keine offiziellen Einspielungen existieren.

Die Autographensammlung erlaubt neben Einblicken in Marbes kompositorische Arbeit auch tiefe Einsichten in das Bedingungsgefüge, in dem diese Musik entstanden ist: Die teilweise aus einzelnen Schnipseln zusammengeklebten Partituren, von denen einige rückwärtig bereits anderweitig beschrieben sind, zeugen nicht nur von Besonderheiten der Proben- und Aufführungssituation, sondern auch von Papierknappheit und notwendigerweise sparsamem Umgang mit Ressourcen. Die reich annotierten musikalischen und literarischen Quellen aus Marbes privater Bibliothek ermöglichen ein vertieftes Verständnis der geistigen Haltung, aus der heraus ihre Musik entstanden ist. Und die Sammlung von Programmheften und Tonträgern legt ein beredtes Zeugnis von der frühen Rezeption ihrer Musik ab. Dass Marbe dabei nur ein herausgehobenes Beispiel für die rumänische Musik des 20. Jahrhunderts oder für die Möglichkeit oder Unmöglichkeit von Kunst in Diktaturen darstellt, mag als Andeutung für vielerlei Forschungs- und Aufführungskonzepte an dieser Stelle genügen.

Das Material steht nach Voranmeldung jederzeit zur Einsichtnahme zur Verfügung; die wichtigsten kompositorischen Werke sind hier gemeinfrei zugänglich.

Kadja Grönke