Europäische Instrumentalistinnen
des 18. und 19. Jahrhunderts

 

Diem, Louise, Luise

* ca. 1828 vermutlich in Wien, Sterbedaten unbekannt, Harfenistin, Pianistin und Sängerin. Das Hauptinstrument Louise Diems war die Harfe. Sie war Schülerin von Elias Parish Alvars.

Der früheste derzeit nachweisbare Auftritt Louise Diems fand im Herbst 1840 in Wien statt, wo sie im Konzert des Pesther Instrumentenmachers Wilib. Schwab (Erfinder des Federsaiten-Pianofortes) mitwirkte. 1841 trat sie ebenfalls in Wien auf, worauf sie im Mai und Juni 1842 in Prag in den Zwischenakten eines Lustspiels und in einem eigenen Konzert musizierte. Im selben Jahr spielte sie in Wien bei einem Musikfest im Orchester (in Glucks Orfeo). 1843 konzertierte sie mehrmals in Wien (im Jan., Mai, Juli, Nov., Dez.), dazu mindestens ein Mal in Bratislava (im Juli). Ende des Jahres 1843 trat sie in Brünn und zu Beginn des Jahres 1844 in Olmütz auf. Bereits im Nov. 1843 spielte Louise Diem öffentlich nicht nur Harfe, sondern auch Klavier und trat daneben als Sängerin in Erscheinung. 1845 vermelden die „Signale für die musikalische Welt“, dass sie in Brünn ans Theater gegangen sei. 1847 heißt es schließlich in der „Allgemeinen Wiener Musikzeitung", sie habe „sich vom Instrumentale ab, ganz dem Vocale zugewendet, und ist als Sängerin beim k. k. Hofoperntheater engagiert“ (AWM 1847, S. 48). Weitere Informationen über Leben und Tätigkeiten sind nicht zu ermitteln.

Als Harfenistin, die bereits mit ca. 14 Jahren erstmals vor die Öffentlichkeit trat, wurde Louise Diem von Musikrezensenten eher kritisch beurteilt. Dabei gab es gerade zu Beginn der Karriere bezüglich ihrer spieltechnischen Fähigkeiten Einwände. Immer wieder spiegeln sich in den Kritiken indes auch Fragen nach Geschlecht und Instrumentenwahl. So stellte die „Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur, Theater und Mode“ bei Louise Diems Spielweise eines Stücks ihres Lehrers Parish-Alvars fest: „Was eine Bardenfaust vermag, ist niedlichen Rosenfingerchen freylich nicht gegeben“ (Wiener Zeitschrift 1843, S. 95). Im selben Jahr stellte auch der „Humorist“ einen Zusammenhang zwischen der Spielweise der Harfenistin und ihrem Geschlecht her: Danach besäße sie „eine nicht unbedeutende Fertigkeit, wenn keine überaus durchgreifende Kraft, in Bezug, auf welche die Harfenspielerin jedesmal hinter dem Harfenspieler zurückbleiben wird – beim Klaviere ist das freilich anders, da geht das Hauen den weiblichen Spielern oft kräftiger von der Hand, wie den männlichen“ (Der Humorist 1843, S. 51). Auch in Bezug auf ihr Aussehen musste sich die Musikerin Einiges gefallen lassen. „Der Wanderer“ 1843: „Die junge Dlle. Diem hat mannigfache Talente, und rechnet man ihre wirklich höchst einnehmende Figur dazu (und warum sollte man nicht? Schönheit ist auch ein Talent), recht hübsche“ (S. 1047).

Louise Diem wählte für ihre Programme vorzugsweise Harfenmusik ihres Lehrers. Ihre spieltechnischen Fähigkeiten wurden, auch mit Blick auf ihr Alter (1842 wurde sie als „14jährige Virtuosin“ bezeichnet, Ost und West 1842, S. 326), zurückhaltend bewertet. So empfiehlt der „Humorist“ 1841, „Dlle. Diem möge noch einige Jahre Schülerin bleiben, und sich dann wieder öffentlich produciren“ (Humorist 1841, S. 823). Der Kritiker der „Allgemeinen Wiener Musikzeitung" zog am Ende seines Verrisses das Fazit, „es sey für Dlle. Diem noch etwas zu früh, den Concertsaal zu usurpiren; alla Camera, im freundschaftlichen Kreise, mag sie bei sonst angenehmen Naturgaben genügen, aber das Meisterthum durch öffentliche Anerkennung ist ihr noch weit“ (AWM 1843, S. 560).

Auch die Zuwendung der jungen Musikerin zu Klavier und Gesang wurde von der Presse kritisch beurteilt. „Dlle. Diem spielt Harfe, Klavier und singt. Schön ist es, wenn eine einzelne, junge und hübsche Person das Alles kann, aber ich glaube, es ist nicht gut, sich mit allen diesen drei erlernten Geschicklichkeiten öffentlich zu produziren“ (Der Humorist 1843, S. 882). „Talent zum Musikmachen ist vorhanden, das sich vielleicht zwekmäßiger entwikeln dürfte, wenn die junge und fleißige Konzertgeberin ihre Ausdauer nur einem Instrument zuwendete; wir würden ihr zur Harfe rathen“ (Sonntagsblätter 1843, S. 1082).

 

LITERATUR

Der Adler 1840, 4. Nov.; 1841, 17. Dez.

AmZ 1842, Sp. 547, 700

AWM 1841, S. 630; 1842, S. 139; 1843, S. 24, 26f., 239, 356, 544, 560, 651f.; 1847, S. 48

Bohemia [Prag] 7. Juni 1843

Der Humorist 1840, S. 903;1841, S. 1047; 1842, S. 1015; 1843, S. 51, 347, 375, 882f.

Österreichisches Morgenblatt 1842, S. 560; 1844, S. 99

Ost und West. Blätter für Kunst, Literatur und geselliges Leben 1842, S. 325.

Der Sammler 1842, S. 531; 1844, S. 599

Signale 1845, S. 398

Sonntagsblätter [Wien] 1842, S. 835; 1843, S. 16, 67f., 419, 460, 469, 1082

Der Wanderer [Wien] 1843, 3. Nov., 15. Dez.

Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur, Theater und Mode 1843, S. 95, 751

Eduard Hanslick, Geschichte des Concertwesens in Wien, 2 Bde., Bd. 1, Wien 1869, Repr. Hildesheim [u. a.] 1979.

 

VT

 

© 2009/2022 Freia Hoffmann