Europäische Instrumentalistinnen
des 18. und 19. Jahrhunderts

 

Harder, Marie von

* in St. Petersburg, Lebensdaten unbekannt, Pianistin. Marie von Harder wurde als Tochter eines russischen Beamten in St. Petersburg geboren und ist wahrscheinlich in Dresden aufgewachsen. Klavierunterricht erhielt sie bei Carl Mayer (1799–1862), Frédéric Chopin (1810–1849) und Alexander Iwanowitsch Villoing (1808–1878). Erstmals aufgetreten ist sie in einem Konzert vor einer Privatgesellschaft von Carl Mayer, bei dem sie ein von diesem selbst komponiertes „Symphonie-Concert“ (AmZ, 1847, Sp. 750) vortrug. Öffentlich präsentierte sie sich zum ersten Mal am 9. Nov. 1854 innerhalb eines Abonnementkonzertes im Leipziger Gewandhaus. Die „Neue Zeitschrift für Musik“ berichtet, dass sie im Anschluss hieran zu Liszt nach Weimar reisen wolle. Ob sie von ihm Unterricht erhielt, bleibt allerdings offen.

Die Konzerttätigkeit Marie von Harders ist für die Jahre 1854 bis 1865 belegt. Dabei führte sie vor allem Werke ihrer Lehrer Chopin und Mayer sowie von Beethoven, Mendelssohn, Liszt und Schubert auf. Ihre musikalischen Fertigkeiten waren nach Auffassung einiger Kritiker vorrangig durch „ihr technisch sehr fertiges und von einem jugendlich frischen Vortrag gehobenes Spiel“ (Schla/Bern) geprägt. Negativ angemerkt wurde dagegen mehrfach das Fehlen von „Wärme und Nuancierung in den Farbentönen“ (Signale 1857, S. 204).

Ort der Konzerte war zumeist Dresden, von wo aus sie kleinere Konzertreisen u. a. nach Berlin, Hannover, Bremen, Hannover, Leipzig, Weimar und Wien unternahm. Mehrfach trat sie hier vor Hofgesellschaften auf. Ende des Jahres 1856 kehrte Marie von Harder in ihre Geburtsstadt St. Petersburg zurück, wo sie die Konzerttätigkeit noch über mindestens acht Jahre fortsetzte. Auch hier ließ sie sich wiederholt im halböffentlichen Kreis adeliger Gesellschaften hören, was eine mögliche Erklärung für die insgesamt geringe Beachtung durch die zeitgenössische Konzertkritik ist.

Marie von Harder ist Widmungsträgerin des Clavierstücks in heiterm Ton op. 12 von Eduard Bernsdorf (1825–1901).

 

LITERATUR

AmZ 1847, Sp. 750

Blätter für Musik, Theater und Kunst 1855, S. 120

Bock 1854, S. 412f.; 1856, S. 317

Das Inland [Dorpat] 29. Nov. 1854

Leipziger Zeitung 9. Nov. 1854

NZfM 1854 II, S. 228, 230; 1865, S. 15

Die Presse [Wien] 27. Apr. 1854

Signale 1854, S. 373, 404, 422; 1855, S. 6, 77, 125, 360, 405; 1856, S. 113, 125, 233, 437; 1857, S. 204; 1858, S. 186; 1862, S. 155

Schla/Bern

 

Annkatrin Babbe

 

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