Europäische Instrumentalistinnen
des 18. und 19. Jahrhunderts

 

Kovacsics, Kovácsics, Kowacsics, Kovatsits, Marie von, geb. Binder

* 30. Aug. 1837 in Wien, † 28. Okt. 1919 in Weimar, Harfenistin und Sängerin. Erste Belege für eine Konzerttätigkeit der Harfenistin Marie Binder finden sich 1855 (Kronstadt) sowie Pesth (1857), und um 1856 ist sie als Orchestermitglied in Brünn nachgewiesen. Der Bühnen-Almanach 1863 listet sie als Sängerin kleiner Gesangspartien in Brünn auf. 1865 ging eine Meldung durch die Presse, nach der die Harfenspielerin Marie Kovacsics, gemeinsam mit ihrem Mann, dem Choristen Johann Kovacsics, das Brünner Theater „ohne Vorwissen der Direktion verlassen" habe (Fremden-Blatt 13. Sept. 1865). Der Bühnen-Almanach von 1866 bestätigt, sie sei „außercontraktlich abgegangen“ (Bühnen-Almanach 1866, S. 82).

Die „Neue Zeitschrift für Musik“ berichtet von einem Konzert am 16. Febr. 1866 in Weimar, in dem „unsere neue Harfenistin“ Marie von Kovacsics La danse des fées von Elias Parish Alvars gespielt und damit bewiesen habe, „daß sie nicht nur sehr tüchtig im Orchester ist, sondern daß ihr auch eine bedeutende Virtuosität im Solospiel zu Gebote steht“ (NZfM 1866, S. 116). In der Weimarer Hofkapelle versah sie ihren Dienst zumindest bis 1880 und wirkte in dieser Zeit auch in zahlreichen Konzerten der Weimarer Umgebung, sowohl als Solistin wie auch als Orchesterharfenistin, mit. 1885 ist sie im „Staatshandbuch für das Großherzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach“ als  „Pensionärin“ (1885, S. 319) der Hofkapelle aufgeführt.

In Jena war sie regelmäßiger Gast in Konzerten der Singakademie (3. März 1866, 24. Juni 1868, 5. Juli, 20. Nov. 1870, 29. Juni 1871, 24. Nov. 1872, 9. Dez. 1873); 1872 wirkte sie in Magdeburg in einer Aufführung von Liszts Oratorium Die heilige Elisabeth mit, am 13. Febr. 1873 verstärkte sie das Orchester in Meiningen, am 11. Febr. 1875 wirkte sie in einer Soiree des Soller’schen Musikvereins mit und am 19. Dez. 1876 in einem Konzert des Musikvereins in Eisenach. Nach einem Auftritt am 9. Dez. 1873 in Jena, in dem sie La Preghiera von Anton Zamara und La Danse des Sylphes von Félix Godefroid vortrug, werden auch ihre solistischen Leistungen, „die trefflichen Vorträge der gewandten Weimarer Harfenistin“ (NZfM 1874, S. 349), gewürdigt. Am 21. Nov. 1880 beteiligte sie sich an einem Kirchenkonzert in Erfurt mit kammermusikalischen Beiträgen.

Häufig wird sie bei Konzerten in Weimar namentlich aufgeführt, sehr oft im Zusammenhang mit der Aufführung Liszt’scher Werke. Alan Walker zufolge war Liszt häufiger Gast im Hause Kovacsics. Das Ehepaar hatte drei Kinder: Sandor (1857 1917), Hornist und Harfenist, Mitglied der Hofkapelle Sondershausen und Lehrer am dortigen Konservatorium, Ilona (1859 1912), Harfenistin und Pianistin, die ihren Nachnamen Kovatsits buchstabierte, und Gyula (1866 1951).

Für Informationen zur Familiengeschichte bedanke ich mich bei Walter Horn.

 

LITERATUR

Bock 1866, S. 79; 1868, S. 212; 1870, S. 398; 1873, S. 71

Deutscher Bühnen-Almanach 1863, S. 92; 1866, S. 82

Fremden-Blatt [Wien] 13. Sept. 1865

FritzschMW 1872, S. 651

Kronstädter Zeitung 24. Mai 1855

Mährischer Correspondent [Brünn] 12. Sept. 1863

Neue Wiener Musik-Zeitung 1856, S. 63

NZfM 1866, S. 102, 116; 1868, S. 242; 1870, S. 266, 291, 439, 477; 1871, S. 56f., 262; 1872, S. 491, 513; 1873, S. 103, 397; 1874, S. 9, 349; 1875, S. 112, 222; 1877, S. 18

Pesth-Ofener Localblatt und Landbote 1857, 16., 17. Jan.

Signale 1873, S. 188

Staatshandbuch für das Großherzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach 1880, S. 107; 1885, S. 319

Urania. Musik-Zeitschrift für Orgelbau und Orgelspiel 1871, S. 123; 1881, S. 75

Zweiter Bericht der Grossherzoglichen Orchester- und Musik-Schule in Weimar über die Schuljahre 1877–1882, Weimar 1882.

Die Grossherzogliche Musikschule in Weimar von 1872–1897. Festschrift September 1897, Weimar 1897.

Alan Walker, Franz Liszt, 3 Bde., Bd. 1: The Virtuoso Years 1811–1847, London 2. Aufl. 1987.

 

Bildnachweis

Hochschularchiv / Thüringisches Landesmusikarchiv Weimar, Bildnis Marie von Kovacsics, Sign. FO 1652. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung.

 

 

Freia Hoffmann

 

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