Europäische Instrumentalistinnen
des 18. und 19. Jahrhunderts

 

Or, Rosa dPitschmann, Pietschmann, Pitšmannová, Mathilde,Mathilda

* 2. März 1835 in Prag, Sterbedaten unbekannt, Violinistin. Vermutlich wirkte sie bereits 1841 und 1843 in Konzerten in Prag mit, musizierte dabei jedoch nicht, sondern rezitierte Gedichte. Violinunterricht erhielt sie zunächst von František Němec (1825–?), danach von Moritz Mildner (1812–1865), dem Violinlehrer des Prager Konservatoriums. Dass dieser Unterricht, wie gelegentlich von der Presse angegeben, im institutionellen Rahmen des Konservatoriums stattfand, erscheint unwahrscheinlich.

1851 trat sie in Prag gemeinsam mit den Geigerinnen Bertha Brousil und Gabriele von Wendheim auf. Danach begann sie ihre ersten Konzertreisen. 1853 spielte sie vor dem Habsburger Kaiser Ferdinand I., konzertierte in Budweis, Linz und Innsbruck. 1855 reiste sie nach Italien, musizierte dort in mehreren Städten (u. a. in Padua, Verona, Venedig, Brescia, Cremona) und ließ sich in Venedig im Salon der Kunst- und Musikmäzenin Marie Carolin, Herzogin von Berry, hören. Wurzbach zufolge legte die Geigerin nun, auf Rat der Herzogin, ihren Geburtsnamen Mathilde Pitschmann ab und nannte sich Rosa d’Or. In jenem Jahr gastierte sie zudem in der Schweiz (Luzern, Bern, Chur). 1856 konzertierte sie in mehreren Städten des deutschen Raumes (Augsburg, Gotha, Coburg, Nürnberg); auch 1857, 1859 und 1860 war sie im deutschsprachigen Raum zu hören (Bernburg, Halle, Gera, Weimar, Sondershausen, Stettin, Chemnitz, Liegnitz, Warmbrunn, Torgau). In Weimar erhielt sie 1859 die „besondere Anerkennung und Auszeichnung des Dr. Liszt und des Theater-Intendanten Dingelstedt (Niederrheinische Musik-Zeitung 1859, S. 72). 1862 musizierte sie in Glogau, 1863 war sie vermutlich in schlesischen Städten zu hören. In ihren Konzerten spielte Rosa d’Or Werke von Geiger-Komponisten wie Alard, Beriot, Ernst, Paganini und anderen. Ab 1865 lebte sie zurückgezogen in Prag. Weitere Informationen über ihr Leben liegen derzeit nicht vor.

Rosa d’Or gehört zur ersten Generation von Geigerinnen, die nach den Erfolgen der Schwestern Milanollo tätig waren. Entsprechend häufig vergleichen Rezensenten die Prager Geigerin mit Teresa Milanollo. Ihre Fähigkeiten als Geigerin werden unterschiedlich beurteilt: „Wieder eine Milanollo auferstanden! Eine junge Venetianerin [sic!], Rosa d’Or, hat als Violin-Virtuosin in Italien und der Schweiz schon viele Lorbern geerntet, und hat vor kurzem den deutschen Boden betreten, um auch uns mit ihrem Spiel zu beglücken. Mit Augsburg hat sie den Anfang gemacht, weshalb sich die A. A. Z. [Augsburger Allgemeine Zeitung] für verpflichtet hält zu erklären, daß sie ‚das Seelenvolle der Therese Milanollo mit Vieuxtemps vollendeter Technik verbinde. – Bis Frl. Rosa d’Or auf ihrer Kunstreise von Augsburg nach Leipzig gelangt ist, wird ihr wol etwas von Vieuxtemps Technik abhanden gekommen sein. Die ‚Seele‘ der ‚Therese‘ wollen wir ihr dagegen gern zum unumschränktesten Gebrauch und alleinigen Eigenthum überlassen“ (NZfM 1856 I, S. 122).

 

LITERATUR

Mendel (Art. Brousil), Wurzbach (Art. Rosa)

AWM 1841, S. 564

Bock 1856, S. 84, 111; 1859, S. 54, 62; 1860, S. 414

Intelligenzblatt für die Stadt Bern 19. Nov., 21. Nov. 1855

Bohemia [Prag] 1871, 4. Apr.; 1843, 17. Jan.; 1851, 16. Dez.

La Fama. Rassegna di scienze, lettere, arti industria e teatri 1855, S. 166

Niederrheinische Musik-Zeitung 1859, S. 72

NZfM 1856 I, S. 122; 1856 II, S. 112; 1859 I, S. 105, 162, 191; 1860 I, S. 111, 152; 1862 II, S. 199

Schlesische Provinzialblätter 1863, S. 252

Süddeutsche Musik-Zeitung 1859, S. 169

Würzburger Anzeiger 12. Febr. 1856

Albert Entsch (Hrsg.), A. Heinrich’s Deutscher Bühnenalmanach, 26. Jg., Berlin 1862.

Otto Taubert, Geschichte der Pflege der Musik in Torgau vom Ausgange des 15. Jahrhunderts bis auf unsere Tage, Torgau 1868.

 

Volker Timmermann

 

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