Europäische Instrumentalistinnen
des 18. und 19. Jahrhunderts

 

Houssu, Angélique-Henriette (Henriette-Angélique), verh. Forqueray

* 28. Juni 1675 in Paris, † 19. Jan. ebd., Cembalistin. Sie war die ältere Tochter des Pariser Organisten Antoine Houssu und seiner Frau Charlotte de Marsolet. Am 7. Febr. 1697 heiratete Angélique-Henriette Houssu 17-jährig den Gambisten Antoine Forqueray (1672–1745). Noch im Jahr der Heirat kam am 4. Nov. die Tochter Charlotte Elizabeth zur Welt. Das Ehepaar lebte mehrere Jahre in der Residenz des Prinzen von Carignano, wo auch der Sohn Jean-Baptiste (1699–1782, später verh. mit Marie-Rose Dubois) geboren wurde. Der Ehe entstammte ein weiterer Sohn, Nicolas-Gilles (1703–1761).

Das Ehepaar Forqueray trat bei dem Prinzen Carignano gemeinsam in Konzerten auf: er als Gambist, sie als Accompagnistin am Cembalo. Offenbar veranstalteten sie auch eigene Konzerte, zunächst in ihrer Wohnung, dann, da diese zu klein war, bei musikinteressierten Gönnern. So heißt es im „Mémoire pour Messire François de Picon, comte de la Pérousse et Vallée“: „Je trouvai à mon retour (en 1700), que Forqueray, pour s’attirer pratique, faisoit des concerts. Il y jouoit de la viole, sa femme l’accompagnoit du clavessin, il faisoit venir des Musiciens et autres joueurs d’instrumens. Son appartement ne supportait pas ces sortes d’assemblées, le mien y étoit propre; je luy permis de faire ses concerts dans une grande chambre que je lui prêtois“ („Ich stellte bei meiner Rückkehr (im Jahr 1700) fest, dass Forquerai, um sich Einnahmen zu verschaffen, Konzerte veranstaltete. Er spielte dabei Gambe, seine Frau begleitete ihn am Cembalo; er zog dazu andere Musiker und Instrumentalisten heran. Seine Wohnung genügte diesen Zusammenkünften nicht, die meinige war dazu geeignet. Ich erlaubte ihm, seine Konzerte in einem großen Raum zu veranstalten, den ich ihm vermietetezit. nach de La Laurencie, S. 1256).

Die Ehe zwischen Angélique-Henriette Houssu und Antoine Forqueray verlief unglücklich und dramatisch. Sie verließ ihren Mann mehrfach (1700, 1705, 1707, 1709) und nahm Zuflucht bei ihrem Vater mit der Begründung, dass ihr Mann sie schlage und misshandele. 1710 schließlich konnte sie die offizielle Trennung erreichen. Erhalten ist u. a. ein sogenanntes „Mémoire par Damoiselle Angélique henriette houssu Epouse du sieur Forqueray, Demanderesse En separation et Défenderesse contre Antoine Forqueray, ordinaire de la musique du roy, Défendeur et Demandeur en accusation d’adultère, in dem die Hintergründe und Schwierigkeiten ausführlich dargelegt sind (vgl. Prod’homme S. 11). 1738 war Angelique-Henriette Forqueray in der "rue de la Croix des Petits Champs" in der Gemeinde St. Eustache im Zentrum von Paris wohnhaft. Weitere Informationen über ihre Lebensumstände nach der Trennung von Antoine Forqueray sind derzeit nicht vorhanden.

 

LITERATUR

New Grove 2001 (Art. Antoine Forqueray), Benoit (Art. Houssu)

Michel Brenet [d. i. Marie  Bobillier], Les Concerts en France sous l’Ancien Régime, Paris 1900.

Marcelle Benoit, Versailles et les musiciens du Roi 1661–1733. Étude Institutionnelle et Sociale, Paris 1971.

Robert Machard, Jean-Joseph Cassanéa de Mondonville, Paris 1980.

Jacques-Gabriel Prod’homme, Les Forquerays. Extrait de La Rivista Musicale Italiana, Bd. 10, 1903.

Lionel de La Laurencie, „Deux Violistes celebres: Les Forquerays“, in: Bulletin français de la société internationale de musique 1908, S. 1251–1258, 1267–1274.

Marcelle Benoit u. Norbert Dufourcq, „A propos de Forqueray“, in: RMFC 1968, S. 229–241.

Julie Anne Sadie, „Musiciennes of the Ancien Régime, in: Women Making Music. The Western Art Tradition. 1150–1950, hrsg. von Jane Bowers u. Judith Tick, London 1986, S. 191–223.

 

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