Europäische Instrumentalistinnen
des 18. und 19. Jahrhunderts

 

Couperin, Antoinette-Victoire, verh. Soulas

* ca. 1760 in Paris, † 1812 (Ort unbekannt), Organistin, Cembalistin, Harfenistin und Sängerin. Antoinette-Victoire Couperin war die jüngste Tochter Armand-Louis Couperins (1727–1789), den sie bereits mit 16 Jahren an seiner Organistenstelle an St. Gervais in Paris vertrat, und dessen Frau, der berühmten Musikerin Élisabeth-Antoinette geb. Blanchet. In einigen frühen Lexika wird Antoinette-Victoire mit ihrer älteren Schwester Antoinette-Angélique (1754–1758) verwechselt. Daneben gab es die beiden Brüder Pierre Louis (1755–1789) und Gervais-François (auch François-Gervais, 1759–1829).

Antoinette-Victoire Couperin hatte ihre musikalische Ausbildung von ihren Eltern erhalten. Henri-Joseph Taskin lobt sie in seiner Familienchronik für ihr Orgelspiel und berichtet auch über Auftritte als Sängerin „dans des concerts et dans des congrégations de religieuses“. Er bezeichnet sie zudem als eine „très bonne harpiste“ (S. 81). Die handschriftliche Kopie einer Symphonie de Clavecin ihres Vaters (Fonds Ch. Malherbe, BNF) trägt den Bleistiftvermerk, dass Antoinette-Victoire die Schreiberin sei. Sie war also auch als Notenkopistin, zumindest für ihren Vater, tätig.

Um 1780 heiratete Antoinette-Victoire Couperin den „Commis de la grand poste“ Auguste-Pierre-Marie Soulas, Sohn des Besitzers einer Damastfabrik in Tours, und verließ damit als erstes der vier Kinder das Elternhaus. Im Gegensatz zum deutschsprachigen Raum hatte das Musizieren von Frauen in Frankreich eine längere Tradition und wurde zumindest dann weit weniger kritisch betrachtet, wenn die Frau aus dem entsprechenden Milieu stammte, nämlich einer Musiker-, Instrumentenbauer- oder Verlegerfamilie. In diesem Falle erlangten die Mädchen nicht nur oft selbst außergewöhnlich gute instrumentale Fähigkeiten wie etwa Élisabeth-Claude Jacquet de la Guerre oder Antoinette-Victoires Verwandte Marguerite-Antoinette Couperin, sie wuchsen auch in musikalische Tätigkeiten wie das Accompagnieren, das Unterrichten oder Notenkopieren hinein und trugen auf diese Weise zum Familieneinkommen bei. Diese Tätigkeiten setzten sich in der Regel nach einer Heirat weiter fort, da zumeist innerhalb der eigenen Berufsgruppe geheiratet wurde. Da dies bei Antoinette-Victoire Couperin nicht der Fall war, ist vorstellbar, dass ihre zunächst selbstverständliche Präsenz als Musikerin in der Öffentlichkeit nach der Heirat stark abnahm oder gar endete.

 

LITERATUR

Gerber 2, Hoefer, Mendel, Jal, Fétis, MGG 1, New Grove 1, MGG 2000, New Grove 2001

Henri-Joseph Taskin, „Notice sur la famille Couperin“ (vor 1850), in: Nouveaux Documents sur les Couperin, hrsg. von Charles Bouvet, Paris 1933, S. 176–180.

Charles Bouvet, Les Couperin. Une Dynastie de Musiciens Français, Paris 1919, Repr. Hildesheim-New York 1977.

 

CS

 

© 2008 Freia Hoffmann