Aloise Pott - ein bisher unbekanntes Werk

 

Als wir 2010 unseren Artikel zu Aloise Pott ins Instrumentalistinnen-Lexikon setzten, waren wir auf dem neuesten Stand der Forschung: Markus Gärtner hatte sorgsam die historischen Zeitschriften und Lexika ausgewertet, und Kadja Grönke stellte ihre Forschungen zu Ehemann und Familie der Künstlerin zur Verfügung, für die sie Quellenbestände aus dem Staatsarchiv Oldenburg und dem Österreichischen Zweig der Familie ausgewertet hatte. Mehr Material schien es damals beim besten Willen nicht zu geben.

Am 21. Okt. 2013 erhielten wir dann überraschend eine knappe E-Mail mit dem Betreff „Aloise Pott (born Winkler von Forazest)“: „Dear Sir/Madam, She was the grandmother of my grandmother, Mathilde Fane (born Adametz in Vienna). My cousin has found some of her original scores and I wondered if they would be of interest to you?“

Und ob uns das interessierte! In zeitgenössischen Lexika wird Aloise Pott nicht nur als ausgezeichnete Pianistin, sondern auch als Komponistin von Klaviermusik, Liedern, einer Messe und drei Streichquartetten geführt – „lauter Werke, die wahrhaft musicalischen Werth haben“ (Schilling, Das musikalische Europa, S. 273). Aber Nachforschungen in Österreich blieben seinerzeit vergebens.

Jetzt eröffnete sich ein sehr netter, ausführlicher und außerordentlich inhaltsreicher Mailwechsel mit vielen uns bislang unbekannten Mitgliedern der Großfamilie Pott in London, Suffolk, Südfrankreich und Süddeutschland. Als Bonus erhielten wir Anfang Januar 2015 den Scan eines Impromptus für Klavier von der Hand Aloise Potts (sie schreibt sich auf den Noten „Alouise“) und eine private Tonaufnahme durch Nancy Litten, die angeheiratete Schwägerin von Anne Litten, der Ururenkelin von Aloise Pott und aktuellen Besitzerin des Autographs.

 

Die Komposition erweist sich als ein sehr pianistisches, gut gearbeitetes, ebenso kraftvolles wie elegantes Klavierstück in A-B-A-Form, das eindrucksvoll die Qualitäten erahnen lässt, mit denen Aloise Pott ihre Zeitgenossen beeindruckte, nämlich technische Geläufigkeit, Geschmeidigkeit des Vortrags und geistige Durchdringung der Musik: „Bei ihrer überraschenden Fertigkeit besitzt sie eine Reife und Gewandheit im Vortrage, besonders Beethovenscher Clavierkompositionen, wie sie nur selten gehört wird“ (Gustav Schilling, Das Musikalische Europa oder Sammlung von durchgehends authentischen Lebens-Nachrichten, Speyer 1842, S. 273). Auch Schillings Urteil, „Sie besitzt ein reizendes Compositionstalent und tüchtige Kenntnisse“ (Schilling, Universal-Lexicon, Supplement, Stuttgart 1841, S. 347), wird durch das Impromptu aufs schönste bestätigt.

Mit Genehmigung der Besitzerin, Anne Litten, bilden wir hier (erstmals!) Anfang und Ende des wiedergefundenen Autographs ab. Wir freuen uns sehr über den Kontakt und den großzügigen Informationsaustausch mit den Nachfahren der Familie Pott — und wünschen uns natürlich noch viele weitere Kontakte und Fundstücke aus allen Ecken der Welt!

 

 

 

 

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